Wird einem Arbeit­nehmer ein Firmen­fahr­zeug überlassen, spricht der erste Anschein dafür, dass dieses Fahrzeug auch für beruf­lich veran­lasste Fahrten einge­setzt wird. Nutzt der Steuer­pflich­tige statt­dessen seinen vorhan­denen privaten Pkw, muss er nachweisen, dass er diesen tatsäch­lich beruf­lich genutzt hat. Ist das der Fall, steht dem Werbungs­kos­ten­abzug nicht entgegen, dass dem Arbeit­nehmer von seinem Arbeit­geber ein Geschäfts­fahr­zeug überlassen wurde.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger erzielte Einkünfte aus nicht­selb­stän­diger Tätig­keit sowie Einkünfte aus Vermie­tung und Verpach­tung. Laut Arbeits­ver­trag des Klägers ist er berech­tigt, ein Geschäfts­fahr­zeug zur dienst­li­chen und privaten Nutzung zu bestellen. Die private Nutzung durch ihn und seine Ehefrau war ausdrück­lich gestattet. Die private Nutzung wurde nach der 1%-Regelung berück­sich­tigt. Hinsicht­lich der Reise­kos­ten­er­stat­tung teilte die Arbeit­ge­berin auf Nachfrage des Gerichts mit, dass bei einer Nutzung des überlas­senen Geschäfts­fahr­zeugs ledig­lich die entstan­denen Tank- bzw. Ladekosten erstattet würden. Bei Nutzung eines privaten Fahrzeugs erhielten die Beschäf­tigten nur eine Kilome­ter­pau­schale von 0,30 €.
Privat nutzte der Kläger einen Audi TT RS. In der Einkom­men­steu­er­erklä­rung machte der Kläger u.a. Aufwen­dungen für Fahrten zum Abtei­lungs­treffen und zur Produkt­klausur als Werbungs­kosten geltend, die er mit dem Privat­fahr­zeug unter­nommen hatte. Anhand der fahrzeug­be­zo­genen Aufwen­dungen und der Jahres­fahr­leis­tung ermit­telte er die tatsäch­li­chen Fahrzeug­kosten mit 2,28 € pro km, die das Finanzamt nicht zum Abzug zuließ. Eine Berück­sich­ti­gung der geltend gemachten Fahrt­kosten für das Privat­fahr­zeug als Werbungs­kosten könne nicht erfolgen, da nicht nachge­wiesen sei, in welchem Umfang beruf­lich bedingte Aufwen­dungen tatsäch­lich angefallen seien. In seiner Klage machte der Kläger geltend, dass die Fahrt­kosten beruf­lich veran­lasst seien, weil es sich um geneh­migte Dienst­reisen gehan­delt habe, deren Reise­kosten (mit Ausnahme der Fahrt­kosten) seine Arbeit­ge­berin auch vollständig erstattet habe. Dass seine Arbeit­ge­berin für zwischen­zeit­lich durch­ge­führte Dienst­reisen auch Fahrt­kosten für die Nutzung seines Privat­fahr­zeugs in Höhe einer Kilome­ter­pau­schale von 0,30 € erstattet habe, dokumen­tiere, dass die Nutzung eines privaten PKW anstelle des Geschäfts­fahr­zeugs möglich sei.

Reise­kosten sind nach ständiger Recht­spre­chung des BFH jeden­falls dann als Werbungs­kosten abziehbar, wenn die Reise ausschließ­lich oder nahezu ausschließ­lich der beruf­li­chen Sphäre zuzuordnen ist. Das ist insbe­son­dere der Fall, wenn der Reise ein unmit­tel­barer beruf­li­cher Anlass (z. B. das Aufsu­chen eines Geschäfts­partner) zugrunde liegt und die Verfol­gung privater Reise­inter­essen nicht den Schwer­punkt der Reise bildet. 

Für den Werbungs­kos­ten­abzug von beruf­lich veran­lassten Reise­kosten kommt es nicht darauf an, welches Verkehrs­mittel der Steuer­pflich­tige wählt. Dem Steuer­pflich­tigen steht die Wahl des Verkehrs­mit­tels grund­sätz­lich frei. Die geltend gemachten Fahrt­kosten sind im vorlie­genden Fall durch die beruf­liche Tätig­keit des Klägers veran­lasst worden. Einer Berück­sich­ti­gung der Reise­kosten steht nicht entgegen, dass der Steuer­pflich­tige Dienst­reisen mit seinem Privat­fahr­zeug durch­ge­führt hat. Liegt der Reise eines Steuer­pflich­tigen ein unmit­tel­barer beruf­li­cher Anlass zugrunde, kann aus der Wahl des Verkehrs­mit­tels grund­sätz­lich keine private Veran­las­sung der Reise­kosten abgeleitet werden.

Grund­sätz­lich können Fahrt­kosten für Dienst­reisen, die mit einem privaten PKW durch­ge­führt werden mit den tatsäch­li­chen Kosten pro Kilometer geltend gemacht werden. Wegen der insge­samt äußerst geringen Nutzung führte dies zu einem überdurch­schnitt­lich hohen Kosten­an­satz pro Kilometer (hier: 2,28 €). 

Das Finanz­ge­richt hat die Klage abgewiesen, aber die Revision zugelassen, weil unklar ist, ob und ggf. wie im Einzel­fall die Angemes­sen­heit zu prüfen ist. Offen ist auch, welche Bedeu­tung dem Umstand beizu­messen ist, dass das vom Arbeit­geber dem Kläger für beruf­liche als auch private Fahrten zur Verfü­gung gestellte Dienst­fahr­zeug zu 100% als Famili­en­fahr­zeug von der Ehefrau des Klägers genutzt wurde und nicht für Dienst­reisen.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Nieder­sachsen, 9 K 183/23 | 17-09-2024