Bei Betriebs­ver­an­stal­tungen, die allen Betriebs­an­ge­hö­rigen offen­stehen, sind Aufwen­dungen bis zu 110 € lohnsteu­er­frei. Darüber hinaus gehende Beträge können mit 25% pauschal der Lohnsteuer unter­worfen werden. Das Finanz­ge­richt hat entschieden, dass auch die Lohnsteu­er­pau­scha­lie­rung bei Betriebs­ver­an­stal­tungen mit 25% nur dann anwendbar ist, wenn die Veran­stal­tung allen Betriebs­an­ge­hö­rigen offen­steht.

Praxis-Beispiel:
Das Finanzamt hat gegen­über der Klägerin einen Lohnsteuer-Nachfor­de­rungs­be­scheid und einen Lohnsteuer-Haftungs­be­scheid erlassen. Das Finanzamt behan­delte die Aufwen­dungen für die Vorstands­weih­nachts­feier und die Weihnachts­feier für den Konzern­füh­rungs­kreis als steuer­pflich­tigen Arbeits­lohn. Es wendete nicht den pauschalen Steuer­satz von 25% an, sondern einen durch­schnitt­li­chen Steuer­satz von 81,81% bzw. 62% (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG).

Zwischen den Betei­ligten ist unstreitig, dass die Klägerin den Teilneh­mern steuer­baren Arbeits­lohn zugewendet hat. Die Klägerin machte jedoch geltend, dass der pauschale Steuer­satz von 25% anzuwenden sei, weil es keine gesetz­liche Regelung gibt, die diese Pauscha­lie­rung ausschließt, wenn die Betriebs­ver­an­stal­tung nicht allen Betriebs­an­ge­hö­rigen offen­steht.

Es ist eindeutig, dass von den Zuwen­dungen kein Freibe­trag abzuziehen ist, weil die Vorstands­weih­nachts­feier und die Weihnachts­feier für den Konzern­füh­rungs­kreis nicht allen Angehö­rigen des Betriebs oder eines Betriebs­teils offen stand, sondern nur Vorständen bzw. Führungs­kräften. Die Legal­de­fi­ni­tion des Begriffs der Betriebs­ver­an­stal­tung enthält nicht das Krite­rium des Offen­ste­hens der Veran­stal­tung für alle Angehö­rigen des Betriebs. Dieses Krite­rium ist nur Bedin­gung für die Anwen­dung des Freibe­trags.

Begriffe, die in verschie­denen Vorschriften desselben Gesetzes verwendet werden, sind grund­sätz­lich einheit­lich auszu­legen. Eine von einer Legal­de­fi­ni­tion abwei­chende Ausle­gung kommt in Betracht, wenn der Zweck der Regelung, ihr Zusam­men­hang mit anderen Vorschriften und/​oder die Entste­hungs­ge­schichte eindeutig erkennen lassen, dass der Begriff anders als in der Legal­de­fi­ni­tion zu verstehen sein soll. Das Finanz­ge­richt Münster geht davon aus, dass eine solche von der Legal­de­fi­ni­tion abwei­chende Ausle­gung des Begriffs der Betriebs­ver­an­stal­tung hier geboten ist.

Das Finanz­ge­richt hat die Revision zugelassen (Az. beim BFH: VI R 5/22). Somit hat der BFH über die Ausle­gung zu entscheiden. Wie der BFH den Zweck der Vorschrift begründet, ist zurzeit offen. Wichtig! In entspre­chenden Fällen ist es sinnvoll, Einspruch einzu­legen und zu beantragen, dass das Verfahren bis zur Entschei­dung durch den BFH ausge­setzt wird.

Quelle: Finanz­ge­richte | Urteil | FG Köln, 6 K 2175/20 | 26-01-2022