Bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung kommt es regel­mäßig darauf an, wann Beträge veraus­gabt wurden. Stellt das Finanzamt fest, dass Aufwen­dungen als Betriebs­aus­gaben geltend gemacht wurden, die nicht betrieb­lich veran­lasst waren, ist der Gewinn entspre­chend zu erhöhen. Dieser Mehrge­winn ist abwei­chend vom allge­meinen Gewinn­ver­tei­lungs­schlüssel nur dem Gesell­schafter zuzurechnen, dem die Aufwen­dungen ausschließ­lich zugute­ge­kommen sind. 

Praxis-Beispiel:
Zwei Ingenieure hatten sich zu einer GbR zusam­men­ge­schlossen. Die GbR ermit­telte ihren Gewinn mithilfe einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Beide Gesell­schafter waren nach dem Gesell­schafts­ver­trag jeweils zur Hälfte am Gewinn betei­ligt. Einer der Gesell­schafter hatte insge­samt 14.488,02 € aus Gesell­schafts­mit­teln bezahlt und als Betriebs­aus­gaben erfasst, obwohl diese Aufwen­dungen nicht betrieb­lich veran­lasst waren. Die zugrun­de­lie­genden Aufwen­dungen sind ausschließ­lich diesem Gesell­schafter zugute­ge­kommen. 

Das Finanzamt erhöhte den Gewinn um 14.488,02 € und rechnete jedem der Gesell­schafter die Hälfte zu. Der benach­tei­ligte Gesell­schafter wehrte sich gegen die Gewinn­ver­tei­lung und beantragte, dass der volle Mehrge­winn allein dem anderen Gesell­schafter zugerechnet werden müsse.

Wenn ein Mitun­ter­nehmer der Gesell­schaft zuste­hende Einnahmen gesell­schafts­ver­trags­widrig auf sein eigenes Konto umleitet, sind diese Einnahmen nur diesem Gesell­schafter als Sonder­be­triebs­ein­nahmen zuzurechnen. Entspre­chend sind Mehrge­winne aus der Korrektur von Aufwen­dungen, die zu Unrecht als Betriebs­aus­gaben behan­delt wurden und nur einem Gesell­schafter zugute­ge­kommen sind, ebenfalls nur dem Gesell­schafter zuzurechnen, dem sie ausschließ­lich zugute­ge­kommen sind. Die Besteue­rung hat sich danach zu richten, was im Gewinn­ermitt­lungs­zeit­raum tatsäch­lich geschehen ist. Kein Steuer­pflich­tiger hat ein Einkommen zu versteuern, das tatsäch­lich einem anderen zugeflossen ist.

Der Ersatz­an­spruch der Gesell­schaft ist nur von Bedeu­tung, wenn er im Jahr der Einnah­men­er­zie­lung zu aktivieren ist (ggf. ist dann in der Sonder­bi­lanz des schädi­genden Mitun­ter­neh­mers auch eine Ausgleichs­ver­pflich­tung zu passi­vieren). Bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist eine Aktivie­rung des Anspruchs und eine Passi­vie­rung aufgrund der Art der Gewinn­ermitt­lung von vornherein ausge­schlossen. Es spielt somit keine Rolle, ob der GbR aufgrund der unrecht­mä­ßigen Veraus­ga­bung der Gesell­schafts­mittel ein Ersatz­an­spruch zusteht. Das heißt, dass ein Gewinn bei der Gesell­schaft (oder eine Sonder­be­triebs­aus­gabe des schädi­genden Mitun­ter­neh­mers) erst entstehen kann, wenn der Ersatz­an­spruch der Mitun­ter­neh­mer­schaft vom Schädiger befrie­digt wird.

Quelle: BFH | Urteil | VIII R 6/19 | 27-09-2022