Zuschlägen für Bereit­schafts­dienste, die außer­halb der regel­mä­ßigen Arbeits­zeit erbracht und geson­dert vergütet werden, sind steuer­frei. Die Steuer­frei­heit richtet sich nach dem Arbeits­lohn für die regel­mä­ßige Arbeits­zeit und nicht nach dem Dienst­ent­gelt, das für den Bereit­schafts­dienst gezahlt wird. Es ist nicht erfor­der­lich, dass der Arbeit­nehmer für die Tätig­keit, für die er Zuschläge erhält, neben den Erschwer­nis­zu­schlägen einen Anspruch auf Grund­lohn hat.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin betreibt eine Förder­schule mit angeschlos­senem Internat für Kinder und Jugend­liche mit Beein­träch­ti­gungen. Die in Wohngruppen lebenden Kinder und Jugend­li­chen werden von den Mitar­bei­tern auch in der Nacht betreut. Nach den arbeits­ver­trag­li­chen Regelungen wurde die Zeit der Bereit­schaft nur zu 25% als Arbeits­zeit entgolten. Daneben erhielten die Mitar­beiter für den Bereit­schafts­dienst in den Nacht­stunden je tatsäch­lich geleis­teter Stunde einen Zeitzu­schlag in Höhe von 15% des Tabel­len­ent­gelts. Das Entgelt für den Bereit­schafts­dienst versteu­erte die Klägerin regulär als Arbeits­lohn. Den Zeitzu­schlag für die Zeit von 0:00 Uhr bis 6:00 Uhr zahlte sie steuer­frei aus.
Nach einer Lohnsteuer-Außen­prü­fung gelangte das Finanzamt zu der Auffas­sung, dass die gezahlten Zuschläge über den Höchst­grenzen gelegen und insoweit zu Unrecht steuer­frei ausge­zahlt worden seien. Als Bemes­sungs­grund­lage für die Steuer­frei­heit der Zuschläge sei nicht das Tabel­len­ent­gelt, sondern ledig­lich das Entgelt für den Bereit­schafts­dienst anzusetzen. Das Finanz­ge­richt gab der hiergegen gerich­teten Klage statt.

Der BFH entschied ebenso wie das Finanz­ge­richt. Danach ist Grund­lohn der laufende Arbeits­lohn, der dem Arbeit­nehmer für die maßge­bende regel­mä­ßige Arbeits­zeit zusteht. Er ist in einen Stunden­lohn umzurechnen und mit höchs­tens 50 € anzusetzen (§ 3b Abs. 2 Satz 1 EStG). Grund­lohn (= laufender Arbeits­lohn) steht dem Arbeit­nehmer zu, wenn dieser für die maßge­bende regel­mä­ßige Arbeits­zeit aufgrund arbeits­ver­trag­li­cher Verein­ba­rung geschuldet wird. Ob und in welchem Umfang der Grund­lohn dem Arbeit­nehmer tatsäch­lich zufließt, ist für die Bemes­sung der Steuer­frei­heit der Zuschläge ohne Bedeu­tung. 

Die wöchent­liche regel­mä­ßige Arbeits­zeit des Betreu­ungs­per­so­nals betrug im Streit­zeit­raum (Januar 2014 bis Dezember 2017) bei Vollzeit­be­schäf­ti­gung durch­schnitt­lich 39 Stunden. Die regel­mä­ßigen monat­li­chen Dienst­be­züge setzten sich aus der monat­li­chen Regel­ver­gü­tung, dem sogenannten Tabel­len­ent­gelt, der Kinder­zu­lage und den sonstigen Zulagen zusammen. Die Zeit der nächt­li­chen Beauf­sich­ti­gung wurde gemäß den arbeits­ver­trag­li­chen Regelungen als Bereit­schafts­dienst behan­delt.

Quelle: BFH | Urteil | VI R 1/22 | 10-04-2024