Ein Auftrag­geber ist verpflichtet, die 15%-ige Bauab­zug­steuer einzu­be­halten, wenn er Unter­nehmer im Sinne des Umsatz­steu­er­ge­setzes ist. Unter­nehmer im diesem Sinne ist, wer mit Wieder­ho­lungs­ab­sicht Umsätze ausführt. Ob die Umsätze steuer­frei oder steuer­pflichtig sind, spielt in diesem Zusam­men­hang keine Rolle. Daher sind z. B. auch Vermieter betroffen, die nur steuer­freie Umsätze ausführen. Das BMF hat in einem 36-seitigen Schreiben dazu Stellung genommen, wann der Empfänger einer Bauleis­tung (Auftrag­geber) die 15%-Bauabzugssteuer einbe­halten und an das Finanzamt abführen muss (§§ 48 - 48d EStG). Behält jemand die Bauab­zug­steuer nicht ein, haftet er für den unter­las­senen Steuer­abzug. Das gilt selbst dann, wenn er seine Verpflich­tung, die Bauab­zug­steuer einzu­be­halten, falsch beurteilt hat. Das Finanzamt kann sogar einen Haftungs­be­scheid erlassen, wenn der Geschäfts­partner überhaupt keine Steuer­schulden hat.

Die Bauab­zug­steuer wird nicht erhoben, wenn

  • jemand nicht mehr als 2 Wohnungen vermietet (dabei bleibt es auch, wenn daneben noch andere unter­neh­me­ri­sche Tätig­keiten ausgeübt werden; diese sind geson­dert zu beurteilen),
  • die Bauleis­tungen den nicht­un­ter­neh­me­ri­schen Bereich betreffen, z. B. bei Bauleis­tungen im Zusam­men­hang mit dem eigenen privaten Wohnraum,
  • der jewei­lige Auftrag­nehmer (also der leistende Unter­nehmer) Bauleis­tungen an einen Leistungs­emp­fänger erbringt, die voraus­sicht­lich nicht mehr als
    • 15.000 € im Jahr betragen, wenn es sich ausschließ­lich um Vermie­tungs­um­sätze handelt,
    • 5.000 € in allen anderen Fällen betragen,
  • der Auftrag­nehmer eine Freistel­lungs­be­schei­ni­gung des Finanz­amts vorlegen kann.

Die beste Lösung = Freistel­lungs­be­schei­ni­gung
Der Auftrag­geber ist nicht verpflichtet, die Bauab­zug­steuer einzu­be­halten, wenn der leistende Unter­nehmer über eine Freistel­lungs­be­schei­ni­gung des Finanz­amts verfügt. Die beste Lösung ist somit, wenn sich der Leistungs­emp­fänger eine Freistel­lungs­be­schei­ni­gung vorlegen lässt; und zwar auch dann, wenn zweifel­haft ist, ob die Verpflich­tung besteht, die Bauab­zugs­steuer einzu­be­halten.

Am besten ist wie folgt vorzu­gehen: Der Auftrag­geber lässt sich vor bzw. bei Auftrags­er­tei­lung

  • die Freistel­lungs­be­schei­ni­gung vorlegen und macht sich davon eine Kopie oder
  • der Auftrag­nehmer händigt dem Auftrag­geber eine Kopie seiner gültigen Freistel­lungs­be­schei­ni­gung aus.

Sollte sich die Freistel­lungs­be­schei­ni­gung auf einen konkreten Auftrag beziehen, dann muss sich der Auftrag­geber das Original aushän­digen lassen.

Es ist wichtig, die Freistel­lungs­be­schei­ni­gung zu kontrol­lieren! Folgende Angaben müssen in der Freistel­lungs­be­schei­ni­gung enthalten sein:

  • Name, Anschrift und Steuer­nummer des leistenden Unter­neh­mers,
  • ein Dienst­siegel des Finanz­amts,
  • eine Sicher­heits­nummer und
  • die Gültig­keits­dauer der Beschei­ni­gung.

Sind diese Angaben vorhanden, darf der Auftrag­geber davon ausgehen, dass ihm eine gültige Freistel­lungs­be­schei­ni­gung vorliegt. Grund­sätz­lich ist der Auftrag­geber nicht verpflichtet, weitere Kontrollen durch­zu­führen, es sei denn, es drängen sich Zweifel an der Richtig­keit auf, weil die Kopie der Freistel­lungs­be­schei­ni­gung teilweise schlecht lesbar oder unlesbar ist oder einige Angaben nicht plausibel erscheinen.

Wer selbst Bauleis­tungen ausführt, sollte beim Finanzamt eine Freistel­lungs­be­schei­ni­gung beantragen. Dieser Antrag ist formlos zu stellen. Sinnvoll ist es, eine allge­meine (zeitlich befris­tete) Freistel­lungs­be­schei­ni­gung zu beantragen, wenn verschie­dene Bauleis­tungen ausge­führt werden sollen, die jeweils nur einen zeitlich beschränkten Umfang haben oder eine projekt­be­zo­gene Freistel­lungs­be­schei­ni­gung zu beantragen, wenn es sich um eine länger­fris­tige Bauleis­tung handelt, z. B. als Subun­ter­nehmer bei einem Großpro­jekt.

Quelle: BMF-Schreiben | Veröf­fent­li­chung | IV C 8 – S 2272/19/10003 :002 | 18-07-2022