Ein elektro­ni­sches Fahrten­buch­pro­gramm muss manipu­la­ti­ons­si­cher sein. Dies bedeutet nicht, dass das Programm vor jegli­chem Hacker­an­griff gesichert ist. Aber es muss sicher­ge­stellt sein, dass die Fahrten­bü­cher in einer in sich geschlos­senen Form erstellt werden sowie nachträg­liche Verän­de­rungen an den erfassten Daten technisch ausge­schlossen sind oder zumin­dest als solche offen­ge­legt und erkennbar sind. Darüber hinaus müssen Fahrten­bü­cher mit vertret­barem Aufwand auf ihre materi­elle Richtig­keit hin überprüfbar sein.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin ist Arbeit­ge­berin und überlässt ihren Arbeit­neh­mern firmen­ei­gene Kraft­fahr­zeuge, die diese auch für Privat­fahrten verwenden dürfen. Die Mitar­beiter mit Firmen­fahr­zeug sind für die Betreuung von Baustellen zuständig. Die Baustellen befinden sich an unter­schied­li­chen Orten. Die Klägerin beabsich­tigt, bei der Ermitt­lung des geldwerten Vorteils für Privat­fahrten anstelle der 1%-Methode die Fahrten­buch­me­thode zu nutzen.

Die Klägerin übersandte einen beispiel­haften Ausdruck eines Fahrten­buchs eines der Mitar­beiter an das Finanzamt mit der Bitte um eine verbind­liche Auskunft zu dessen Ordnungs­mä­ßig­keit. Die Klägerin führte aus, dass die Fahrten­bü­cher durch die Arbeit­nehmer jeweils manuell mit Hilfe eines Compu­ter­pro­gramms erstellt werden. Nach Rückkehr vom Einsatzort erfolge der Eintrag dieser Fahrt in der Daten­bank. Hierzu stünden unter­schied­liche Einga­be­ge­räte zur Verfü­gung (ein Terminal im Büro, ein Laptop oder Tablett für unter­wegs). Einge­tragen werde in eine Proto­koll­da­ten­bank das Datum, das Projekt, Start- und Zielort, Grund der Fahrt, Entfer­nung in km, Kilome­ter­stand sowie die Zuord­nung zu betrieb­li­cher oder privater Fahrt. Jede Fahrt sei dabei ein Daten­satz in der Daten­bank. Sobald dieser Daten­satz abgespei­chert sei, sei eine Änderung nicht mehr möglich. Die Klägerin führte weiter aus, dass es sich somit nicht um eine einfache Excel Tabelle handle.

Die Daten­sätze könnten in chrono­lo­gi­scher Reihen­folge auf dem Bildschirm angezeigt und auch ausge­druckt werden. Die Fahrzeuge seien den Mitar­bei­tern fest zugeordnet, jeder Mitar­beiter führe sein Fahrten­buch persön­lich. Privat­fahrten und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeits­stätte seien in den Daten­sätzen gekenn­zeichnet und würden als separate Spalten von den dienst­li­chen Fahrten unter­schieden. Das Finanzamt lehnte es ab, dieses elektro­ni­sche Daten­bank­system auf Basis von Lotus Notes als ordnungs­ge­mäßes Fahrten­buch anzuer­kennen, weil eine zeitnahe Erfas­sung der Daten nicht gewähr­leistet sei.

Das Finanz­ge­richt gab dem Finanzamt Recht. Ein elektro­ni­sches Fahrten­buch ist zwar anzuer­kennen, wenn sich daraus dieselben Erkennt­nisse wie aus einem manuell geführten Fahrten­buch gewinnen lassen. Das bedeutet aber nicht, dass hinsicht­lich der Frage der Ordnungs­mä­ßig­keit des Fahrten­buchs die Anfor­de­rungen an ein manuell geführtes Papier­fahr­ten­buch und an ein elektro­nisch geführtes Fahrten­buch identisch sein müssen. Denn ein handschrift­lich geführtes Fahrten­buch, das im PKW verbleibt, ist nur bedingt vergleichbar mit einem Fahrten­buch, das anhand eines elektro­ni­schen Daten­bank­sys­tems erstellt wurde. Das gilt insbe­son­dere hinsicht­lich der Manipu­la­ti­ons­si­cher­heit. 

Manipu­la­tionen sind zwar auch bei handschrift­lich geführten Fahrten­bü­chern nicht völlig auszu­schließen, sie erfor­dern aber einen erheb­lich höheren Aufwand und sind zudem eher als Fälschung erkennbar. Bei der Frage der Fälschungs­si­cher­heit, der Ordnungs­mä­ßig­keit und der Überprüf­bar­keit ist zwischen den gewählten Formen der Erstel­lung zu diffe­ren­zieren. Ein elektro­ni­sches Naviga­ti­ons­gerät mit einem angeschlos­senen elektro­ni­schen Fahrten­buch, das den Kilome­ter­stand, den Standort und die Uhrzeit – jeweils bei Beginn und Ende der Fahrt – unver­än­derbar aufzeichnet, ist anzuer­kennen. Die hier gewählte Aufzeich­nungs­form entspreche weder der sicheren Dokumen­ta­tion durch Papier­fahr­ten­bü­cher, noch den Aufzeich­nungen, die von den elektro­ni­schen Fahrten­bü­chern automa­tisch unver­än­derbar gespei­chert werden. 

Ein auf Basis von Lotus Notes selbst program­miertes Fahrten­buch ist nicht anzuer­kennen, da nachträg­liche Verän­de­rungen, auch aufgrund des offenen Quell­codes technisch nicht ausge­schlossen werden können. Zusätz­lich sei durch ein Fahrten­buch­pro­gramm zu gewähr­leisten, dass mehrere Fahrten an einem Arbeitstag, Zwischen­ziele und Umwege jeweils einzeln und getrennt dokumen­tiert werden können. Das ist hier nicht der Fall.

Quelle: Finanz­ge­richte | Urteil | FG Hessen, 3 K 1219/21 | 15-05-2023