Die zustän­digen Behörden Deutsch­lands und Öster­reichs haben folgende Verein­ba­rung zur Anwen­dung des Abkom­mens im Hinblick auf die Besteue­rung von Ärzten erzielt:

Das Besteue­rungs­recht für Arbeits­lohn­zah­lungen an Ärzte in der Grenz­zone Deutsch­lands, die mit Kliniken in der Grenz­zone Öster­reichs Arbeits­ver­träge haben und dort ihre Tätig­keit ausüben, steht aufgrund der Grenz­gän­ger­re­ge­lung Deutsch­land zu.

Neben den Lohnzah­lungen werden sogenannte Sonder­klas­se­ge­bühren gezahlt, die von Deutsch­land als Arbeits­lohn­zah­lungen angesehen werden. Die öster­rei­chi­sche Finanz­ver­wal­tung geht jedoch davon aus, dass es sich bei den Sonder­klas­se­ge­bühren, soweit diese Entgelte nicht von einer Kranken­an­stalt im eigenen Namen verein­nahmt werden, um Einkünfte aus selbstän­diger Arbeit handelt. Sofern eine feste Einrich­tung in Öster­reich fehlt, steht Deutsch­land das Besteue­rungs­recht für diese Zahlungen zu. Liegt hingegen eine feste Geschäfts­ein­rich­tung vor, besteuert Öster­reich die Sonder­klas­se­ge­bühren als Einkünfte aus selbstän­diger Arbeit und Deutsch­land als Arbeits­lohn­zah­lungen.

Somit liegt ein positiver Quali­fi­ka­ti­ons­kon­flikt vor, der aus der Anwen­dung des natio­nalen Rechts resul­tiert. Aufgrund der Maßgeb­lich­keit des OECD-Muster­kom­men­tars zur Ausle­gung des Abkom­mens ist wie folgt zu verfahren:

  • Im Fall der Sonder­klas­se­ge­bühren wird die Doppel­be­steue­rung in Deutsch­land durch Anrech­nung gelöst. 
  • Sind in Öster­reich ansäs­sige Ärzte in Kliniken in Deutsch­land beschäf­tigt und gelangt die Grenz­gän­ger­re­ge­lung zur Anwen­dung, so verbleibt das Besteue­rungs­recht an den Vergü­tungen in Öster­reich.

Sonder­klas­se­ge­bühren wären nach öster­rei­chi­scher Auffas­sung grund­sätz­lich in Deutsch­land zu besteuern, sofern dort eine feste Einrich­tung zur Ausübung der Tätig­keit besteht. Sollte Deutsch­land die Sonder­klas­se­ge­bühren als Arbeits­lohn­zah­lungen ansehen und aufgrund der Grenz­gän­ger­re­ge­lung nicht besteuern, werden die Vergü­tungen nicht im Tätig­keits­staat besteuert (= negativer Quali­fi­ka­ti­ons­kon­flikt). Aufgrund der durch das maßgeb­liche inner­staat­liche Recht Deutsch­lands gebotenen Anwen­dung des Abkom­mens, können diese Vergü­tungen im Ansäs­sig­keits­staat (also in diesem Fall in Öster­reich) besteuert werden.

Zeitliche Anwen­dung: Diese Konsul­ta­ti­ons­ver­ein­ba­rung ist für Anwen­dungs- und Ausle­gungs­fragen des Abkom­mens zur Vermei­dung der Doppel­be­steue­rung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhin­de­rung der Steuer­ver­kür­zung und -umgehung vom 24. August 2000, zuletzt geändert durch das Proto­koll vom 21. August 2023, anwendbar. Die Konsul­ta­ti­ons­ver­ein­ba­rung vom 4./9. April 2019 soll weiterhin im Anwen­dungs­be­reich des Abkom­mens vor Wirksam­werden des Proto­kolls vom 21. August 2023 gelten.

Quelle: BMF-Schreiben | Veröf­fent­li­chung | IV B 3 - S 1301-AUT/19/10006 :012 | 07-01-2024