Das Bestreben eines Unter­neh­mers "Steuern zu sparen" macht eine recht­liche Gestal­tung nicht unange­messen, solange die gewählte Gestal­tung zumin­dest auch von außer­steu­er­li­chen Gründen bestimmt gewesen ist. Gründen daher Ehegatten jeweils ein Unter­nehmen an derselben Anschrift, ist darin noch keine künst­liche Aufspal­tung und damit kein Missbrauch zu sehen. 

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin und ihr Ehemann arbei­teten beide im Rahmen eines Mini-Jobs wöchent­lich 7 Stunden bei einer Kirchen­ge­meinde (Reini­gungs­kraft, Fried­hofs­gärt­nerin, Pflege der Außen­an­lagen). Die Klägerin als auch ihr Ehemann meldeten jeweils getrennt ein Einzel­un­ter­nehmen "Grabpflege und Grabge­stal­tung" an. Der Umsatz der beiden Einzel­un­ter­nehmen lag jeweils unter 17.500 €. Die von beiden Eheleuten beantragte Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung lehnte das Finanzamt ab, weil keine getrennten Geschäfts­räume vorlagen und die Eheleute einen gemein­samen Kunden­kreis hatten. Daher ging das Finanzamt davon aus, dass die Anmel­dung des zweiten Gewer­be­be­triebs ausschließ­lich das Ziel hatte, die Umsatz­grenzen für die Anwen­dung der Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung nicht zu überschreiten.

Das Finanz­ge­richt hat entschieden, dass die Klägerin die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung nicht missbräuch­lich in Anspruch genommen hat. Ob zwei Einzel­un­ter­nehmen oder ein Zusam­men­schluss natür­li­cher Personen als Unter­nehmer vorliegt, hängt davon ab, wen die Leistungs­emp­fänger als Schuldner der verein­barten Leistung anhand der abgeschlos­senen zivil­recht­li­chen Verein­ba­rungen ansehen. Eheleute sind jeden­falls nicht verpflichtet, jeweils selbstän­dige Tätig­keiten zu einem Unter­nehmen zu bündeln und einheit­lich anzubieten. Sie dürfen auch getrennte Unter­nehmen führen. Die Forde­rung, wonach Eheleute Leistungen "aus einer Hand" anbieten müssten, würde Eheleute allein aufgrund ihrer Ehe benach­tei­ligen. Dies würde gegen das Grund­ge­setz verstoßen.

Beide Ehegatten sind jeweils für ihre Kunden erkennbar eigen­ständig nach außen aufge­treten. Sie haben jeweils ein eigenes Gewerbe angemeldet und unter eigenem Namen und in eigener Verant­wor­tung Leistungen gegen­über den Kunden erbracht. Auch haben sie mit jeweils eigener Steuer­nummer, eigenem Brief­kopf und mit eigenen Rechnungs- und Kunden­num­mern abgerechnet. Unerheb­lich ist die Angabe derselben Anschrift und Telefon­nummer auf den Rechnungen und die gemein­same Nutzung des Arbeits­zim­mers. Ohne Bedeu­tung ist auch, dass sich die Leistungs­an­ge­bote der Klägerin und die ihres Ehemanns ergänzen und teilweise überschneiden und dass sie teilweise auch identi­sche Kunden hatten. Denn hierbei handelt es sich um markt­üb­liche Vorgänge, die im tägli­chen Wirtschafts­leben ständig vorkommen.

Hinweis: Eine zweck­wid­rige Inanspruch­nahme der Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung liegt nur dann vor, wenn Umsätze planmäßig aufge­spalten und künst­lich zwischen Unter­nehmen mit dem Ziel verla­gert werden, die Klein­un­ter­neh­mer­grenze jeweils nicht zu überschreiten. Dies ist nach Auffas­sung des Finanz­ge­richts hier nicht zu erkennen. Vielmehr hat die Klägerin nachvoll­ziehbar außer­steu­er­liche Gründe für die gewählte Gestal­tung darge­legt. So wollte die Klägerin aufgrund der Behin­de­rungen ihrer Kinder mit flexi­bleren Arbeits­zeiten zum Famili­en­ein­kommen hinzu­ver­dienen. Da sie körper­lich Grabsteine nicht bewegen konnte, konzen­trierte sie ihre Tätig­keit auf die Grabpflege.

Steuer­op­ti­mie­rung ist zulässig! Die von den Ehegatten gewählte Auftei­lung der verschie­denen Tätig­keits­be­reiche entspricht nach Auffas­sung des Finanz­ge­richts einer zuläs­sigen Steuer­op­ti­mie­rung. Eheleute sind nicht verpflichtet, jeweils selbstän­dige Tätig­keiten in einem Unter­nehmen zu bündeln. Sie dürfen auch getrennte Unter­nehmen führen, die dann ggf. aufgrund der Höhe ihrer erzielten Umsätze in den Anwen­dungs­be­reich der Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung fallen.

Geset­zes­än­de­rungen: Die Umsatz­grenze des Vorjahres in § 19 Abs. 1 UStG in Höhe von 17.500 € wurde ab 2020 auf 22.000 € und ab 2025 auf 25.000 € erhöht.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Münster, 15 K 2500/22 U | 07-04-2025