Ein Eltern­teil, der mit seinem Kind in Deutsch­land lebt und keine auslän­di­schen Famili­en­leis­tungen erhält hat Anspruch auf das volle deutsche Kinder­geld hat, einschließ­lich eines Kinder­bonus in Höhe von 150 €.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin hat in ihrem Antrag auf Kinder­geld angegeben, dass der Kinds­vater Soldat in der briti­schen Armee sei, und keinerlei briti­sche Leistungen für das Kind bezogen habe. Hierzu legte die Klägerin ein Schreiben der briti­schen Kinder­geld­stelle (= Child Benefit Office) vom 21.07.2015 vor, nach dem dort kein Kinder­geld­an­trag („claim“) in ihrem Namen vorlag. Die Klägerin hat in ihrem Antrag auf Kinder­geld den vollen Betrag des deutschen Kinder­geldes beantragt, was die Kinder­geld­kasse ablehnte.

Das Finanz­ge­richt Köln hat entschieden, dass die Klägerin, die mit ihrer Tochter in Deutsch­land lebt und keine auslän­di­schen Famili­en­leis­tungen erhält, Anspruch auf das volle deutsche Kinder­geld hat, einschließ­lich eines Kinder­bonus in Höhe von 150 €. Die Argumen­ta­tion des Finanz­ge­richts basiert auf der europäi­schen Gesetz­ge­bung, die besagt, dass ein Mitglied­staat (in diesem Fall Deutsch­land) verpflichtet ist, die nach seinen Rechts­vor­schriften vorge­se­henen Leistungen zu zahlen, wenn die zustän­dige Behörde eines anderen Mitglied­staates (in diesem Fall Großbri­tan­nien) nicht recht­zeitig erklärt, dass ein Anspruch auf auslän­di­sche Famili­en­leis­tungen besteht. Da Großbri­tan­nien keine klare Erklä­rung über das Bestehen eines Leistungs­an­spruchs nach briti­schem Recht abgegeben hat, entschied das Gericht, dass die Berech­nung nur eines Diffe­renz­be­trags rechts­widrig ist.

Das Finanz­ge­richt wies außerdem darauf hin, dass der Koordi­nie­rungs­me­cha­nismus zwischen den Staaten, wie in der europäi­schen Gesetz­ge­bung vorge­schrieben, in diesem Fall nicht effektiv funktio­niert habe. Trotz mehrfa­chen Ersuchens der deutschen Behörde gab es von der briti­schen Seite keine konkrete Stellung­nahme zu einem mögli­chen Anspruch des Vaters auf briti­sche Famili­en­leis­tungen. Dieses Versäumnis darf nicht zum Nachteil der Klägerin ausge­legt werden. Daher war die deutsche Famili­en­kasse in diesem Fall verpflichtet, das volle Kinder­geld zu zahlen und etwaige Diffe­renz­be­träge später von Großbri­tan­nien zurück­zu­for­dern, falls dort ein Anspruch auf Famili­en­leis­tungen festge­stellt werden sollte. 

Der Fall wird zur weiteren Prüfung vor den Bundes­fi­nanzhof gebracht, um eine einheit­liche Recht­spre­chung zu gewähr­leisten. Zur Siche­rung einer einheit­li­chen Recht­spre­chung wurde die Revision zugelassen (Az. des BFH III R 28/25).

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | 14 K 950/22 | 22-05-2025