Ein Steuer­pflich­tiger hat nach dem Informations­freiheits­gesetz keinen Anspruch auf Infor­ma­tionen hinsicht­lich der Unter­lagen, die der Erstel­lung der amtli­chen Richtsatz­sammlung zugrunde liegen. Die amtliche Richtsatz­sammlung ist ein Hilfs­mittel, das von den Betriebs­prüfern der Finanz­ämter für die Verpro­bung von Umsätzen und Gewinnen heran­ge­zogen wird. Sie wird jährlich in Form eines Schrei­bens vom Bundes­mi­nis­te­rium der Finanzen (BMF) auf seiner Homepage veröf­fent­licht.

Praxis-Beispiel:
Ein Antrag­steller begehrte unter Berufung auf das Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz des Landes Mecklen­burg-Vorpom­mern nähere Infor­ma­tionen über das Zustan­de­kommen der steuer­li­chen Richt­satz­samm­lung. Er wollte unter anderem vom zustän­digen Finanz­mi­nis­te­rium wissen, wie viele Betriebe einer Außen­prü­fung unter­zogen worden seien, um die Prüfungs­daten als Grund­lage für die Richt­satz­samm­lung zu verwenden, und nach welchen Gesichts­punkten diese Betriebe ausge­wählt werden. Zudem bat er um die Überlas­sung der jewei­ligen Prüfungs­aus­wer­tungen.

Das beklagte Finanz­mi­nis­te­rium des Landes Mecklen­burg-Vorpom­mern erteilte dem Antrag­steller daraufhin Auskünfte in Form allge­meiner Ausfüh­rungen zur Entste­hung, Bekannt­gabe und Anwen­dung der amtli­chen Richt­satz­samm­lung. Weitere Infor­ma­tionen wurden wegen der Vertrau­lich­keit der Beratungen der für die Erstel­lung der Richt­satz­samm­lungen zustän­digen Bund-Länder-Arbeits­gruppe nicht erteilt.

Der BFH hat einen Anspruch auf Offen­le­gung der der Richt­satz­samm­lung zugrun­de­lie­genden Statis­tiken und Unter­lagen verneint. § 21a Abs. 1 Satz 4 und 5 des Finanz­ver­wal­tungs­ge­setzes ordnet als spezi­al­ge­setz­liche Regelung an, dass hinsicht­lich des Zustan­de­kom­mens von BMF-Schreiben und damit auch der Richt­satz­samm­lung Vertrau­lich­keit zu wahren ist. Denn die Sitzungen der für die Ermitt­lung der Richt­sätze zustän­digen Gremien erfor­derten einen allein an der Sache orien­tierten freien und vertrau­ens­vollen Austausch von Argumenten und eine unbeein­flusste Abstim­mung. Die Sitzungs­in­halte und zugehö­rigen Unter­lagen (zum Beispiel Proto­kolle, Entwürfe) seien daher grund­sätz­lich vertrau­lich und nicht zur Weiter­gabe an Empfänger außer­halb der Finanz­ver­wal­tung bestimmt. Damit ist ein Infor­ma­ti­ons­an­spruch nach dem Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz Mecklen­burg-Vorpom­mern ausge­schlossen.

Quelle:BFH | Urteil | IX R 1/24 | 08-05-2025