Der Bundes­fi­nanzhof hat entschieden, dass ein Steuer­pflich­tiger auch dann einen eigenen Hausstand haben kann, wenn sich dieser in einem Teil des Eltern­hauses befindet. Aller­dings müssen bestimmte Voraus­set­zungen erfüllt sein. Wesent­lich ist, dass der Steuer­pflich­tige 

  • die Wohnung tatsäch­lich bewohnt,
  • über eigene Wohnräume verfügt, die ein eigen­stän­diges Wohnen ermög­li­chen, und 
  • dass diese Räume nicht als Teil des elter­li­chen Haushalts angesehen werden. 

Führt der Steuer­pflich­tige außerdem im Rahmen einer doppelten Haushalts­füh­rung am Ort des Lebens­mit­tel­punkts einen Einper­so­nen­haus­halt, stellt sich die Frage nach der finan­zi­ellen Betei­li­gung an den Kosten der Lebens­füh­rung nicht (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG).

Praxis-Beispiel:
Der Kläger erzielte in den Jahren 2014 bis 2018 aus der Tätig­keit als Werkstu­dent, als studen­ti­sche Hilfs­kraft sowie als wissen­schaft­li­cher Mitar­beiter Einkünfte aus nicht­selb­stän­diger Arbeit. Zudem erhielt er in den Jahren 2014 bis 2017 Leistungen nach dem Bundes­aus­bil­dungs­för­de­rungs­ge­setz. Zur Bestrei­tung seines Lebens­un­ter­halts standen ihm genügend Mittel zur Verfü­gung. Sein Lebens­mit­tel­punkt lag unstreitig in der Oberge­schoss­woh­nung seines Eltern­hauses, die als ein eigener Hausstand zu werten ist. Die Wohnungen im Erdge­schoss und im Oberge­schoss haben jeweils zum mittigen und offenen Treppen­haus einen eigenen Eingang.

Ein zentrales Argument der BFH-Entschei­dung ist die finan­zi­elle Eigen­stän­dig­keit des Steuer­pflich­tigen. Obwohl er jung und Student war, verfügte er über ein eigenes Einkommen (wenn auch in begrenztem Maße) und konnte seinen Lebens­un­ter­halt selbst bestreiten. Dies unter­scheidet ihn von einem typischen "Kind", das einfach in den elter­li­chen Haushalt integriert ist. Das Gericht stellte fest, dass der Steuer­pflich­tige selbst für die Kosten seines Einper­so­nen­haus­halts verant­wort­lich war, sodass eine finan­zi­elle Betei­li­gung an einem gemein­samen Haushalt hier nicht relevant war.

Fazit: Der Begriff "eigener Hausstand" muss nicht streng physisch oder formal inter­pre­tiert werden. Vielmehr muss dies anhand der tatsäch­li­chen Lebens­um­stände des Steuer­pflich­tigen beurteilt werden. Das Fehlen eines Mietver­trags mit den Eltern ist nicht entschei­dend.

Quelle:BFH | Urteil | VI R 12/23 | 07-08-2025