Das Finanz­ge­richt hat entschieden, dass die wöchent­li­chen Fahrten eines Berufs­kraft­fah­rers zwischen seinem Wohnort und dem Firmen­sitz seines Arbeit­ge­bers nach den Grund­sätzen des Reise­kos­ten­rechts und nicht als einfache Pendler­pau­schale („Entfer­nungs­pau­schale“) zu behan­deln sind. 

Praxis-Beispiel:
Der Kläger wohnt in Polen. Er erzielte Einkünfte aus nicht­selb­stän­diger Arbeit als Kraft­fahrer für eine deutsche Firma. In § 2 seines Arbeits­ver­trages war geregelt: „Der Arbeit­nehmer leistet seine Tätig­keit als Kraft­fahrer für den Arbeit­geber in ganz Deutsch­land und, soweit im Zusam­men­hang der betrieb­li­chen Tätig­keit des Arbeit­ge­bers erfor­der­lich, auch im Ausland.” In diesem Zusam­men­hang begab sich der Kläger wöchent­lich zum Betriebs­sitz seines Arbeit­ge­bers, von wo aus er mit dem LKW seine Wochen­tour begann. Ende der Woche stellte er den LKW wieder am Betriebs­sitz ab. Vor- und nachbe­rei­tende Tätig­keiten (Überprü­fung des LKW auf Fahrtaug­lich­keit, Erstel­lung und Bespre­chung von Touren­plänen, Be- und Entladen) wurden am Betriebs­sitz durch­ge­führt. Hierzu hielt sich der Kläger Anfang der Woche ca. 1,5 Stunden und Ende der Woche ca. 2,5 Stunden am Betriebs­sitz auf. Zentrales Thema war, ob der Betriebs­sitz des Arbeit­ge­bers als „Sammel­punkt“ oder als erste Tätig­keits­stätte angesehen werden kann.

Das Finanz­ge­richt hat entschieden, dass der Betriebs­sitz des Arbeit­ge­bers nicht die Krite­rien einer ersten Tätig­keits­stätte erfüllt, da der Berufs­kraft­fahrer haupt­säch­lich auf seinem LKW und bundes­weit tätig war. Auch die kurze Aufent­halts­zeit am Betriebs­sitz zu Beginn und am Ende der Woche (insge­samt ca. vier Stunden) recht­fer­tigt keine andere Einstu­fung. Ebenso wenig kann der Betriebs­sitz als „Sammel­punkt“ gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG anerkannt werden, da die Tätig­keit des Fahrers überwie­gend außer­halb des Unter­neh­mens statt­findet und das regel­mä­ßige Aufsu­chen des Firmen­sitzes nicht „typischer­weise arbeits­täg­lich“ erfolgte, wie dies gesetz­lich vorge­sehen ist.

Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass die Fahrt­kosten des Klägers nach den Grund­sätzen des Reise­kos­ten­rechts mit der vollen Km-Pauschale (0,30 € je km) abzurechnen sind, was zu einem zusätz­li­chen Werbungs­kos­ten­abzug von 2.563,50 € führte. Dabei wurde die beson­dere Berufs­si­tua­tion von Berufs­kraft­fah­rern anerkannt, bei denen keine festen Arbeits­stätten oder Sammel­punkte im tradi­tio­nellen Sinne vorliegen. 

Wichtig: Dieses Urteil wirkt sich auf die Gruppe der Berufs­kraft­fahrer insge­samt aus. Da der BFH über vergleich­bare Sachver­halte bisher nicht entschieden hat, hat das Finanz­ge­richt die Revision zugelassen, um eine einheit­liche Recht­spre­chung für vergleich­bare Fälle zu ermög­li­chen.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Berlin-Branden­burg, 15 K 3114/23 | 24-02-2025